пятница, 15 июля 2016 г.

Hinter den Kulissen des NATO-Gipfels in Warschau

Hinter den Kulissen des NATO-Gipfels in Warschau.

Meinung:   16:56 Uhr 12.07.2016

Freudige Gesichter auf dem NATO-Gipfel in Warschau
Freudige Gesichter auf dem NATO-Gipfel in Warschau

RT Deutsch-Gastautor Zlatko Percinic besuchte anlässlich des NATO-Gipfels am vergangenen Wochenende die polnische Hauptstadt Warschau. Besonders in Gesprächen mit Journalisten und Diplomaten zeigte sich, wie sehr diese von ihrer eigenen westlichen Propaganda überzeugt sind.

           

Der mit großer Spannung erwartete NATO-Gipfel in Warschau vom 8. bis 9. Juli 2016 ist zu Ende. Es war ein politisches Spektakel der Extraklasse, der den Bürgerinnen und Bürgern von Warschau noch lange in Erinnerung bleiben wird. Ob aus persönlicher Überzeugung für die Nordatlantische Allianz, ob aus sentimentalem Nationalstolz, weil man einmal wieder im Zentrum der Weltöffentlichkeit gestanden hat, oder einfach nur in Freude darüber, dass das fast ununterbrochene Geheule der Polizeisirenen ein Ende gefunden hat. Tagelang hatten diese Staatsmänner, Minister oder irgendwelche Delegierten vom Warschauer Flughafen Chopin ins direkt an der Weichsel gelegene NGE-Fußballstadium eskortiert - und von da aus wieder zurück zum Flughafen oder ins Hotel. Man hätte tatsächlich denken können, das Finale der Fußball-Europameisterschaft 2016 findet nicht in Paris statt, sondern eben in Warschau.

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Und irgendwie hatte der NATO-Gipfel auch etwas von einem Finale. Superstars waren nicht Ronaldo, Gareth Bale oder Toni Kroos, sondern Barack Obama, Jens Stoltenberg und David Cameron. Wie in Paris sollte auch in Warschau ein Sieger (die NATO) gekürt werden, der allerdings bereits im Vorfeld schon feststand, da der Gegner (Russland) die Show nur von zuhause aus verfolgen konnte.
Natürlich ist das eine simplifizierte Allegorie. Und natürlich war der Gipfel trotz Stadionatmosphäre kein Spiel, sondern im Ernstfall eine todernste Angelegenheit. Oder wie Mainstream-Medien es nannten: ein "Schulterschluss" des Militärbündnisses. Einer für Alle, Alle für Einen. Ein Schelm, wer jetzt an D`Artagnon und die drei Musketiere denkt.

Was mich ganz ehrlich zutiefst schockiert hat, war die Feststellung in vielen Gesprächen mit Journalisten, wie sehr sie von der eigenen Propaganda überzeugt sind. Insbesondere bei deutschsprachigen, angelsächsischen, französischen, skandinavischen und baltischen Medienvertretern war es ganz frappierend. Hört man ihnen zu, dann fing die ganze Krise in und um die Ukraine damit an, dass der russische Präsident Wladimir Putin den damaligen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch gezwungen hat, das Assoziierungsabkommen mit der EU in Vilna platzen zu lassen. Und als dann die Massenproteste in Kiew ausbrachen, ließ Putin irgendwann mal die Krim Halbinsel besetzen und per Handstreich annektieren und um dem Ganzen noch eins draufzusetzen, schickte er je nach Darstellung und persönlicher Prädisposition des jeweiligen Journalisten, irgendwas zwischen Spezialeinheiten und einer Invasionsmacht in die Ostukraine. Von einem Putsch gegen die gewählte Regierung von Janukowitsch, von Victoria "Fuck the EU" Nulands handausgelesenen Arsenij Jatsenjuk als Interims-Ministerpräsidenten, den neo-faschistischen und neo-nazistischen Gruppierungen oder dem Odessa Massaker vom 2. Mai 2014, wollten sie alle nichts hören oder wissen. Als ob es das alles nie gegeben hätte und aus den Analen der Geschichte getilgt worden wäre.

Ähnlich äußerten sich auch viele Diplomaten mit denen ich gesprochen habe. Allerdings gab es durchaus kritische Stimmen - eindeutig eine Minderheit, aber immerhin - die den Gang ihrer Regierungen für "nicht gut durchdacht" hielten und gerade für die Ukraine einen blockfreien Status für einen wesentlich besseren Weg halten würden. In dieser Minderheit der kritischen Stimmen - zumindest nach den persönlichen Kontakten zu urteilen - bilden Regierungsangehörige der "neutralen" Länder wie der Schweiz oder Österreich eine Mehrheit. Das rührt nicht nur aus einem anderen Verständnis der geopolitischen Rolle ihrer Länder, sondern auch aus der Erfahrung im "individuellen" Rahmen mit der NATO. Oder wie es im Jargon der Allianz so gerne heißt: in maßgeschneiderten Programmen. Obwohl die Verfassungen der Schweiz und Österreichs eine strikte Neutralität in Fragen der Teilnahme an Kriegen festlegen, ist in der Schweiz in puncto "Sicherstellung der Selbstverteidigung" die Formulierung absichtlich ambivalent gehalten, um der Regierung in Bern die notwendige Flexibilität zu gewährleisten. In Österreich hingegen ist dieser Punkt eindeutig definiert:
"Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen."
Während also Österreich eine klare Stellung zu einem Militärbündnis bezieht, ist das in der Schweiz nicht der Fall. Ihre Neutralität wird als "humanitär geprägt und an Friedens fragen orientiert" definiert und die Regierung hat dafür Sorge zu tragen, dass die Selbstverteidigung des Landes sichergestellt wird. Wie das geschehen soll, ob in einem Militärbündnis oder nicht, wird nicht explizit dargelegt. Es bleibt also Raum für Interpretationen. Theoretisch könnte die Schweiz nach dieser Prämisse sogar unter gewissen Bedingungen der NATO als Vollmitglied beitreten, wenn a) die Allianz eine rein defensive wäre und b) ausschließlich unter UN-Mandat operieren würde, sowie c) die Allianz humanitär geprägt und an Friedens fragen orientiert handeln würde.

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Trotz aller Neutralitätsbekundungen aus Bern und Wien sind beide Länder durchaus stark in der NATO engagiert. Seit 1996 beziehungsweise 1997 ist die Schweiz dem Partnership for Peace und dem Euro-Atlantik Partnership Council Programm der NATO beigetreten. Auch die Schweizer Armee wird nach dem NATO-Standard der Interoperabilität ausgerichtet und entsprechend ausgebildet. Somit wären aus Sicht der Nordatlantischen Allianz die Aufnahmebedingungen erreicht und Bern könnte jederzeit den Antrag für den Membership Action Plan (MAP = Fahrplan zur Mitgliedschaft) stellen.

Österreich ist im Grunde genommen den identischen Weg wie der Schweizer Nachbar gegangen. Der große und für manche vielleicht auch überraschende Unterschied ist aber, dass die österreichische NATO-Kooperation nicht so tief geht wie jene der Schweiz. Das wurde der in Warschau anwesenden Delegation aus Wien schmerzlich bewusst, als man nach dem ersten Tag des Gipfels nicht zum Abendessen mit den "großen Tieren" eingeladen war, und man sich in der strengen Hierarchie der Platzordnung auf selber Stufe mit Afghanistan, Armenien und Azerbaijan befand. Und das hatte nicht nur etwas mit der alphabetischen Reihenfolge zu tun. Das schien doch tatsächlich einen Nerv der Teilnehmer in Warschau aus dem Lande von Mozart und Walzer zu treffen. Es gab sogar hochrangige Delegierte, die die Zeit für reif hielten, es Schweden und Finnland gleichzutun und sich für das Enhanced Opportunity Program zu bewerben. Man könnte dieses Programm auch als NATO-Beitritt mit "glaubhafter Ab Streitbarkeit" bezeichnen.

Und wie sehen die Polen selbst diese Entwicklung im europäischen Osten?

Natürlich kann das nicht repräsentativ sein, aber durch die Gespräche mit einfachen Bürgern in Warschau ergab sich eine gewisse Tendenz: Russland wird grundsätzlich als Bedrohung empfunden. Als Grund wird das übliche "Putin hat die Krim annektiert" und "Putin hat seine Armee in die Ukraine geschickt" angeführt, aber bei nochmaligem Nachfragen ergab sich dann doch ein etwas differenzierteres Bild. Es ist mehr ein historisch (und oft auch religiös) begründetes Misstrauen gegenüber Russland, das von Medien und der Politik geschickt verstärkt wird, als eine direkte Angst vor irgendwelchen "expansionistischen Ambitionen" Putins. Gerade bei den jüngeren Menschen hat diese Propaganda durchschlagenden Erfolg, indem der polnische Nationalismus wieder salonfähig wurde. An dieser Stelle sei auch unbedingt erwähnt, dass diese Entwicklung bereits unter der Vorgängerregierung der heutigen von der EU verschrienen rechtspopulistischen PiS-Regierung stattgefunden hat. Die PiS-Partei (Recht und Gerechtigkeit) war mit ihren billigen Parolen - nicht ganz unähnlich dem AfD-Phänomen in Deutschland - Nutznießerin dieser Entwicklung, die sich selbstbewusst und offen für den polnischen Nationalismus präsentierte. Das bedeutet aber nicht, dass die Polen oder die gegenwärtige Regierung gegen die EU sind. Sie wollen aber eine EU, in der die Mitglieder wieder mehr Souveränität zurückerhalten und auf gar keinen Fall noch mehr abgeben müssen.


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Was von den jüngeren Menschen, die ich getroffen habe, niemand ansprach, wurde von den Überlebenden des Zweiten Weltkrieges auf den Punkt gebracht: das hatten wir schon mal! 
Damit ist die Entwicklung in Polen seit den 1930er Jahren gemeint, als der Nationalismus und überhöhtes Selbstvertrauen der eigenen Stärke zu einer Katastrophe führten. Einige sprachen aus, was in unseren (und offensichtlich auch in den polnischen) Geschichtsbüchern nicht thematisiert wird: dass auch Polen zusammen mit den Briten ihren Teil zum Startschuss des Zweiten Weltkrieges beigetragen haben und zur Eskalation beitrugen, in der Hoffnung, durch einen Krieg die verhassten Deutschen zu schwächen und verloren gegangene Gebiete zurückzuerobern.

Auch heute würden die Polen ähnliche Fehler begehen wie vor 80 Jahren: ein Feindbild wird massiv aufgebauscht (damals Deutschland/heute Russland); eine geschwächte Supermacht (damals Großbritannien/heute Russland), die nicht minderes Interesse an dieser Entwicklung hat; ein Nationalismus, der in Teilen der Bevölkerung und Regierung an Chauvinismus grenzt, und schließlich eine äußere "Verteidigungsgarantie" (damals Frankreich und Großbritannien/heute NATO), die im Fall der Fälle für Polen einstehen sollte. Und sollte es tatsächlich durch Provokationen zu einer kriegerischen Eskalation mit Russland kommen, würden die heutigen Garanten der Sicherheit ihre Versprechungen und Verpflichtungen zurückziehen, da waren sich die alten Männer alle einig. 

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