USA VS. RUSSLAND

Die Flagge von den USA und der EU
Der Kategorische Imperativ in der Auslegung von Vasallen


19:45 15.02.2016
 

In seinem Interview für den Schweizer TV-Sender RTS am 25. Juli 2015 hat Russlands Präsident Wladimir Putin in Bezug auf EU-Europa geäußert: „Wir wünschen uns ein Europa, das seine Unabhängigkeit und Souveränität stärker zeigt und dem es möglich wäre, seine nationalen Interessen zu verteidigen, die Interessen seiner Völker und seiner Staaten.“

 
Ob er dies noch im Amt erlebt – selbst wenn er 2018 noch einmal für sechs Jahre gewählt wird – steht in den Sternen. Ist das zu viel Pessimismus? Ich glaube nicht, nimmt man die jüngsten Äußerungen des SPD- Vorsitzenden und Vizekanzlers als Maßstab. Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lehnte Sigmar Gabriel nach der Hinrichtung des schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr und weiterer 46 Verurteilter mit folgender Begründung Handelssanktionen gegen Saudi-Arabien ab: „Für mich ist es illusorisch zu glauben, dass der Westen und Europa einerseits die Saudis bittet, sich konstruktiv im Friedensprozess zu verhalten, und gleichzeitig einen Handelsboykott gegen sie verhängt. Wer ehrlich ist, wird doch zugeben, dass das nicht gehen wird.“ 
Riad
Eskalation am Golf: Kommt ein islamischer Krieg mit deutschen Waffen?
Das klingt doch ganz vernünftig, realpolitisch, werden Sie als Leser sagen. Nun, das wäre es auch. Gäbe es da bei Herrn Gabriel nicht eine kleine kognitive Dissonanz zu bemängeln. Im Dezember 2015 hat die EU nämlich mit der Stimme Deutschlands die Wirtschaftssanktionen gegen die Russische Föderation um sechs Monate verlängert. Hat Gabriel vergessen, dass Russland auf dem diplomatischen Parkett sowohl für die Lösung der Ukraine-Krise („Minsk 2“) als auch zur Beendigung des Syrienkonflikts benötigt wird? Dass Außenminister Steinmeier nach seinen Besuchen in Teheran und Riad im Oktober 2015 deswegen seinen russischen Amtskollegen über die Gespräche informiert hat? Stellt Gabriel gar den Kategorischen Imperativ zur Disposition, weil die Geburts- und Wirkungsstätte Immanuel Kants heute Kaliningrad heißt?

Weit gefehlt. Die Sache ist viel banaler und zeigt, dass Zbigniew Brzezinski recht hat, wenn er die EU-Europäer als „Vasallen“ bezeichnet. Denn was im Fall Saudi-Arabiens „nicht gehen wird“, wenn man „ehrlich ist“, geht im Fall Russlands durchaus. Des Rätsels Lösung: Uncle Sam hat die EU-Staaten  zu Sanktionen gegen Russland gezwungen, sagt einer, der es wissen muss: der amerikanische Vizepräsident Biden. Wer seit Jahrzehnten lieber kuscht, anstatt die eigenen Interessen zu wahren, hat natürlich Probleme mit dem aufrechten Gang und verharrt notgedrungen in der selbst verschuldeten Unmündigkeit.

 
Dies zeigt sich auch in einem anderen aktuellen Fall. Lange Zeit verfuhr die deutsche Politik gegenüber Kuba nach dem Motto des Altmeisters des dialektischen Humors, Karl Valentin: Mögen täten wir schon gerne wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut. In der ersten Woche dieses Jahres reiste Gabriel nun mit einer stattlichen Wirtschaftsdelegation auf die Karibikinsel. Das ging sogar mit dem verbogenen Rückgrat, denn der Hegemon hatte infolge der eingeleiteten Tauwetter-Periode nichts dagegen einzuwenden.

Dessen Warenaustausch mit Russland floriert übrigens ausweislich russischer Statistiken bestens, wie Spiegel-Online zu berichten weiß.

Masochismus ist ein tiefenpsychologisches Phänomen, er erfordert eine langwierige Therapie. Auch insofern bleibe ich bei meinem Pessimismus. Da werden auch die drastischen Worte des „Saker“ nicht viel ausrichten.

Unser Autor Oberstleutnant a.D. Jochen Scholz war von 1962 bis 2000 Berufsoffizier in der Luftwaffe, u.a. sechs Jahre in multinationalen NATO-Stäben, 12 Jahre deutscher Vertreter in politischen NATO-Gremien, von 1994 bis 2000 Referent im Verteidigungsministerium. Heute publizistisch tätig zu historischen und geopolitischen Fragestellungen und in der Politikberatung.



 

 


 
 

 

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