Die Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 bleibt für die russische Außen- und Sicherheitspolitik nach wie vor grundlegend, sagen Experten im Gespräch mit der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti.
In der Zeit von 2007 bis 2014 sei Russland von Worten zu Taten übergegangen, so der Direktor des Moskauer Carnegie-Zentrums, Dmitri Trenin. Und er ergänzt: „Wir sind in einer gänzlich neuen Etappe angekommen. Sie ist sehr interessant, doch zugleich gefährlich.“
Monopolare Welt von gestern

Offensichtlich seien mit dem monopolaren Modell die Versuche der Vereinigten Staaten gemeint gewesen, ihre Dominanz in der Welt aufrechtzuerhalten: „Einzelne Normen, doch im Grunde nahezu das gesamte Rechtssystem eines einzelnen Staates, vorrangig natürlich der Vereinigten Staaten, trat in allen Bereichen über seine nationalen Grenzen hinaus: In der Wirtschaft, in der Politik, im humanitären Bereich drängt es sich anderen Staaten auf. Wem gefällt das schon?“, zitiert RIA Nowosti die Rede des Präsidenten.

Und weiter: „Das Phänomen der monopolaren Welt ist inzwischen Geschichte; aufgrund bestimmter Einschränkungen, die in der Welt gegeben sind. Eben diese Einschränkungen treiben Washington dazu, mit Moskau zu kooperieren, und Moskau wiederrum zu einer Zusammenarbeit mit Washington. Mag einer noch so mächtig sein, alleine wird er die gegenwärtigen globalen Herausforderungen und Bedrohungen nicht bewältigen können“, konstatiert der Institutsdirektor.
Entfremdung und Konfrontation

Also sei Russland seit neuestem von der Kritik an der monopolaren Welt zu handfesten Taten übergegangen und führe einen Kampf – im wahrsten Sinne des Wortes – gegen die globale Dominanz der USA: „Wir sind Zeugen einer Konfrontation Moskaus und Washingtons, wir leben in einer Epoche der Entfremdung“, so Trenin.

Und diese Position Russlands trage Früchte. Immer seltener ignoriere Washington die Stimme Moskaus.
Ansichtssache Terrorismus
„Es sind grundsätzlich neue Bedrohungen aufgekommen, die auch früher bekannt waren, heute aber globalen Charakter erlangen, solche wie der Terrorismus. Ich bin überzeugt, dass wir an einem Wendepunkt angelangt sind, an dem wir über die gesamte Architektur der globalen Sicherheit ernsthaft nachdenken müssen“, zitiert die Nachrichtenagentur die Rede Putins von 2007.

Bis heute behindere dies die Zusammenarbeit: „Die Al-Qaida ist für eine ganze Reihe von Ländern ein Problem, einschließlich Russland und die USA. Der in Russland verbotene Islamische Staat ist ein Problem für Russland ebenso wie für die USA und für viele andere Länder. Hier ist man sich einig. Doch eine Riesenanzahl an Organisationen in Syrien, die Russland als terroristisch einstuft, ist für den Westen die gemäßigte Opposition zum syrischen Präsidenten Baschar Assad“, resümiert Trenin.
Friedlich geht es nicht
Es ist ein Problem, das mit dem vorher erwähnten verbunden ist: die Anwendung von militärischer Gewalt zur Krisenregelung. Bereits 2007 hatte Putin darauf verwiesen, dass manche Länder übereilt ihre Bereitschaft zur Teilnahme an Militäreinsätzen erklären, die kaum als legitim anerkannt werden können.

„In unserem Land ist doch ein friedlicher Übergang zur Demokratie passiert, oder? Das sowjetische Regime hat sich doch friedlich transformiert! Und was für ein Regime! Das so viele Waffen, darunter Atomwaffen, hatte! Warum muss man denn jetzt bei jeder Gelegenheit Bomben werfen und schießen?“, fragte der russische Staatschef.
In den vergangenen Jahren stellte sich aber heraus, dass viele Probleme allein mit friedlichen Absichten nicht gelöst werden können. Und Russland hat selbst beschlossen, Gewalt anzuwenden – in Fällen, in denen es aus der Sicht der russischen Führung begründet war.
„Gleich nach der Münchner Rede (Putins) brach ein Konflikt mit Georgien aus. Russland wandte zum ersten Mal Gewalt an — natürlich als Reaktion auf das Vorgehen eines anderen Staates auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion. Und jetzt greift Russland in Syrien auf Gewalt zurück“, erinnerte Trenin.

Er verwies darauf, dass Russland seit der Münchner Rede Putins seine nichtnuklearen Streitkräfte modernisiert habe, so dass sie inzwischen ein durchaus effizientes Instrument der russischen Außenpolitik seien.
Nato: Es gab vieles

„Das ist ein wichtiger provokativer Faktor, der das gegenseitige Vertrauen beeinträchtigt. Und es ist unser gutes Recht, offen zu fragen: Gegen wen ist dieses Erweiterung gerichtet? Und was ist mit den Beteuerungen unserer westlichen Partner nach der Auflösung des Warschauer Vertrags passiert? Wo sind jetzt diese Erklärungen? Niemand erinnert sich mehr daran“, betonte Putin.
Seit dieser Zeit hat sich die Situation zusätzlich angespannt. „Die Beziehungen wurden nur noch schlechter. 2007 war immerhin der Russland-Nato-Rat noch intakt; es gab 19 Arbeitsgruppen; es gab Übungen zum Modellieren der Raketenabwehr, Übungen von Rettungseinsätzen; es wurden Fragen der operativen Kompatibilität geregelt. Es gab ja vieles“, unterstrich der Ratsvorsitzende des PIR-Zentrums und ehemalige Leiter der Verwaltung für internationale Verträge im russischen Verteidigungsministerium, Generalleutnant Jewgeni Buschinski.
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Dmitri Rogosin. Leiter der Militär Erneuerung in Russland. |
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